„Mobile HMI“ ist eines von vier Bedienkonzepten, die im interdisziplinären Sommerprojekt 2016 von Studierenden der Fachrichtungen Technisches Design, Informatik und Baumaschinentechnik entwickelt und umgesetzt wurden. Das Projekt fand in Kooperation mit Liebherr statt und die Ergebnisse standen bis vor Kurzem unter Geheimhaltung. Thema dieses bereich-übergreifenden Studienprojektes waren neue Bedienlösungen für die Baggersteuerung von morgen. Bagger werden heutzutage immer noch hauptsächlich mit zwei Joysticks bedient. Die zugrundeliegende Bedienlogik stammt noch aus einer Zeit, als die Hydraulikzylinder ohne elektrische Vorsteuerung über einzelne Hydraulikverteiler direkt angesteuert wurden. Dabei erlaubt die mittlerweile flächendeckend eingesetzte elektrische Vorsteuerung ganz neue Bedienelemente. Dazu kommt die Frage, wie sich weitere Entwicklungen im Zuge der Digitalisierung der Maschinen nutzen lassen, um dem Baufahrzeug der Zukunft mehr Flexibilität und Bedienkomfort zu geben.
„Mobile HMI“ setzt dabei auf ein gestenbasiertes Bedienkonzept, dass eine Bewegungsanalogie zwischen Handbewegung und Werkzeugpositionierung nutzt um ein intuitives Bedienen zu ermöglichen. Um Sicht- und Sicherheitsvorteile in schwierigen Arbeitsumgebungen, wie engen Straßenzügen oder Gefahrenumgebungen, anzubieten setzt es auf eine externe Steuerung. Durch den Einsatz drahtloser Informationsverbindungen kann der Maschinenführer mit den beiden entwickelten Handbediengeräten außerhalb der Maschine das Fahrzeug steuern um den Vorteil der direkten Sicht auf den Einsatzraum oder eines sicheren Abstandes zur gefährlichen Einsatzumgebung nutzen zu können.
Das Erzeugen funktionsfähiger Prototypen ist wesentlicher Bestandteil des Lehrformates „interdisziplinäres Sommerprojekt“. Auch die Fernbedienungen wurden entsprechend in solche überführt. Die 3D-gedruckten Bedienelemente, ausgestattet mit Bewegungssensoren und Force-Feedback-Aktoren, erlauben in Kombination mit einer visuellen Simulationsumgebung ein praxisnahes Testszenario zur Untersuchung des Konzeptes. Ein entscheidender Schritt, wenn es darum geht eingefahrene Bedienparadigmen infrage zu stellen.
Dieses Bedienkonzept wurde von uns auf der diesjährigen Konferenz für Mensch-Computer Interaktion „Mensch und Computer“ vorgestellt. Die thematische Vielfalt der Fachkonferenz, die dieses Jahr vom 11.13. September in Regensburg stattfand, deckt die neusten Anwendungen und Forschungen im Bereich User Experience digitaler Interfaces bis hin zu neuen Lösungen für die digitale Zukunft ab. Mit dabei war das Technische Design, des im Praktiker Track das Bedienkonzept „Mobile HMI“ dem Fachpublikum vorstellte.
Der innovative Ansatz einer gänzlich neuen Herangehensweise an die komplexe Aufgeben der Baggersteuerung und die Möglichkeit den Entwurf direkt testen zu können kam gut an. Eine lange Schlange bei der Präsentation der Prototypen spricht ganz klar für unseren Ansatz Konzepte nicht nur in einer fachbereichsübergreifenden Tiefe zu durchdenken, sondern auch bis zum bedienbaren Prototyp durchzuarbeiten.
Doch was führt die Technischen Designer ausgerechnet auf eine IT-Fachmesse? Die Antwort liefert die im vollen Gange befindliche Digitale Transformation. Diese betrifft nicht nur unseren Alltag, in den Smartphones, Online-Dienste und intelligente Haushaltsgeräte längst ihren Weg gefunden haben. Vor allem die professionellen Arbeitsbereiche wie der Bau- und Agrarwirtschaft untersuchen unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ die Potentiale cyber-physischer Systeme für eine ressourcenschonende und effiziente Arbeitswelt von morgen. Digitale und intelligente Funktionen sind auf dem Vormarsch – und erhöhen Geschwindigkeit, Flexibilität und Sicherheit. Unser zentrales Leitthema des Erlebens von Produkten ist eng gekoppelt mit der Interaktion mit Ihnen. Eine Interaktion die heutzutage überwiegend mit digitalisierten Systemen und Assistenzfunktionen passiert. Ein Produktdesign ohne IT ist für uns in vielen Bereichen nicht mehr vorstellbar. In Zukunft gilt es daher umso mehr die Möglichkeiten digitaler Bedien- und Visualisierungstechnologien in der Produktentwicklung zu nutzen.
2018 findet die „Mensch und Computer“ übrigens in Dresden statt und wir sind ganz bestimmt wieder mit dabei!