Der Prototyp eines halbautonomen Gießroboters ist für erste Testfahrten im Schlosspark Pillnitz unterwegs. Konzipiert und gebaut wurde er in der fast dreijährigen Entwicklungsphase von acht Projektmitarbeitern der Professur für Technisches Design und der Barkhausen Institut gGmbH zusammen mit dem Gärtnerteam aus Pillnitz und Verantwortlichen der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG). Die SBG ist damit die erste deutsche Schlösserverwaltung, die einen Roboter zum Gießen einsetzt. Die Entwicklung des Gießroboters ist ein zentrales Ziel des vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) geförderten Projekts „Klimawandel in historischen Gärten“ der SBG.
Durch die trockenen Jahre seit 2018 fehlt in den tieferen Bodenschichten ein ganzer Jahresniederschlag. Die zunehmende Trockenheit hat in Pillnitz den Arbeitsaufwand beim Gießen und auch in anderen Bereichen der Gartenarbeit um 25 bis 30 Prozent erhöht. Deshalb braucht es innovative Lösungen, um das Gärtnerteam zu unterstützen und zu entlasten. Im Schlosspark Pillnitz und im Großen Garten Dresden sucht das Projekt „Klimawandel in historischen Gärten“ stellvertretend nach innovativen Lösungen für die anfallende Mehrarbeit. Hier setzt der Gießroboter an und wird perspektivisch beim Bewässern von Kübelpflanzen entlasten. Dabei ist Automatisierung das Stichwort: Technische Unterstützung soll bei körperlich anstrengender, eintöniger Arbeit entlasten und Zeit sparen.
In das Projekt ist Wissen aus den Disziplinen Elektrotechnik, Softwareentwicklung, Maschinenbau, Landschaftsarchitektur, Design und Forstwissenschaften eingeflossen. Final verbaut sind 200 Schraubverbindungen, 100 Meter 3D-Druckfilament, 50 Meter Aluprofile, 30 Meter Kabel, 15 Meter Schlauch und acht Sensoren. 400 Liter fasst der Wassertank. Der Roboter hat eine Zugkraft von 700 Kilogramm, wiegt eine halbe Tonne und fährt Schrittgeschwindigkeit.
Für seinen Einsatz im Gartendenkmal muss der Roboter optimal ausgestattet sein: Es galt, auf den Schutz der Wegedecke zu achten, den Besucherverkehr zu berücksichtigen, die Lautstärke gering zu halten sowie Wissen und Erfahrung aus dem Gartenbereich einzubeziehen. Das umfangreiche Fachwissen der Gärtnerinnen und Gärtner zur optimalen Pflege der wertvollen historischen Kübelpflanzen war Gold wert und hat den Roboter maßgeblich mitgestaltet. Der Roboter wurde schließlich als Assistenzroboter konzipiert: Er arbeitet mit den Gärtnerinnen und Gärtnern zusammen und unterstützt sie bei der körperlich schweren Arbeit. Kontrolle und Steuerung des Roboters liegen in der Hand des Fachpersonals. Die Gartenfachkräfte bedienen ihn über ein kleines mobiles Steuerterminal mit Display und Tasten zur Eingabe. Die Handhabung ist intuitiv und benötigt kaum Einarbeitung. Der Roboter agiert lediglich auf Befehl autonom, zum Beispiel bei der Tankfahrt für frisches Gießwasser. Zusätzlich kann der Roboter feste GPS-Punkte anfahren, z. B. um Material oder Werkzeug zu verteilen. Für den Prototyp wurde eine kettenbetriebene Roboterplattform mit extra breiten Profilen verbaut, um die Wege im Gartendenkmal zu schonen. Das ist vor allem aufgrund des hohen Gewichts im betankten Zustand notwendig. Der Roboter kann mit einem Akku bis zu sechs Stunden arbeiten und bewegt sich durch seinen Elektroantrieb und sein kompaktes Design leise und mobil. Ein Sicherheitsbereich ist mittels Laserscanner fest definiert. Betreten Gäste diesen Bereich, bremst der Roboter und schaltet sich ab.
Zusammen mit den Gärtnerinnen und Gärtnern werden beim Praxistest in den nächsten Wochen alle Funktionen des Prototyps erprobt und optimiert. Bis er fertig ist und routiniert in der täglichen Gartenarbeit unterstützen kann, steht noch ein weiter Weg mit Zertifizierungen und Gutachterprozessen an. Geprüft wird, ob der Roboter zukünftig auch bei Transporten, der Wegepflege oder beim Winterdienst unterstützen kann. Während der erste Prototyp erprobt wird, wird bereits ein baugleiches zweites Exemplar zusammengeschraubt.
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